EU-Staaten sagen mehrheitlich Nein zu GVO
F. William Engdahl
Monsanto und das GVO-Agrobusiness-Kartell haben eine klare Niederlage kassiert: Gemäß der neuen Brüsseler Regelung, wonach die einzelnen Länder selbst bestimmen dürfen, haben sich zwei Drittel der 28 EU-Mitgliedsstaaten für ein totales Verbot von Gentech-Nahrungspflanzen entschieden. Durch das Verbot wird die Ackerfläche in der EU, die für GVO gesperrt ist, deutlich vergrößert und das bestehende Verfahrens-Chaos aufgehoben.

Am Stichtag 3. Oktober gab die EU-Kommission bekannt, dass 19 der 28 EU-Mitgliedsländer für ein volles »Opt-Out« und damit für ein Verbot kommerziell angebauter Nutzpflanzen votiert hatten. Unter bestimmten Voraussetzungen können sich nach dem 3. Oktober auch noch andere Länder ähnlich entscheiden.
Zu den Mitgliedsländern, die GVO komplett ablehnen, gehören Deutschland (erlaubt ist der Anbau zu Forschungszwecken, kein kommerzieller Anbau) und Frankreich. In Frankreich gilt das bereits bestehende Verbot weiter, auch für Monsanto-Genmais MON810.
MON810 ist die einzige gentechnisch veränderte Nutzpflanze, die derzeit kommerziell in der EU angebaut wird, und zwar vor allem in Spanien und Portugal.
Neben Deutschland und Frankreich stimmten auch Österreich, Bulgarien, Kroatien, Zypern, Dänemark, Griechenland, Ungarn, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Polen und Slowenien für ein GVO-Verbot.
In Schottland, Wales und Nordirland, wo sich einige der besten Ackerböden Großbritanniens befinden, bestehen regionale Verbote; allerdings befürwortet die britische Regierung Cameron
weiterhin den GVO-Anbau.

Auch in Belgien hat das an Frankreich und Luxemburg grenzende südliche Wallonien gegen GVO entschieden. Wie die Entscheidung in Irland, wo 2009 ein komplettes GVO-Verbot bestand, ausfallen wird, ist noch unklar.
Neue Bestimmungen schwächen die EFSA
Viele hatten befürchtet, durch die neuen Bestimmungen könnten Konzerne wie Monsanto »teilen und herrschen«, indem sie ihr Saatgut in Ländern verbreiteten, die für GVO stimmten.
Aber jetzt ist klar, dass die EU-Länder mit deutlicher Mehrheit die mittlerweile als gefährlich erwiesenen Gentech-Pflanzen und die zusammen mit diesen angewendeten toxischen Unkrautkiller wie Roundup mit dem möglicherweise krebserregenden Wirkstoff Glyphosat ablehnen.
Im Januar 2015 votierte das Europäische Parlament mit klarer Mehrheit für die neue Opt-Out-Regelung. Zuvor lag die Entscheidung ausschließlich bei der notorisch korrupten Europäischen
Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Brüssel – viele der dort beschäftigten Wissenschaftler unterhalten nachweislich Verbindungen zur Gentech-Industrie – und alle Mitgliedsländer mussten den Anbau zulassen, es sei denn, sie beantragten eine komplizierte Ausnahmeregelung.

Trotzdem werden die meisten GVO-Pflanzen in der EU heute nur in Spanien und Portugal angebaut. In allen anderen Ländern ist der Anbau bisher am Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Nach der neuen Opt-Out-Regelung können die Mitgliedsstaaten Gentech-Pflanzen aus umweltpolitischen Gründen offiziell ablehnen und sind nicht mehr darauf angewiesen, Kriterien für Risiken, Gesundheit und Umwelt nachzuweisen, die bereits von der EFSA bewertet wurden, ein schwieriges und teures Verfahren.
Zudem können Länder GVO-Pflanzen auch aus anderen Gründen ablehnen, beispielsweise aus städteplanerischen Erwägungen oder Erfordernissen des Landschaftsschutzes, angesichts sozio-ökonomischer Auswirkungen und aus landwirtschaftspolitischen Gründen, nicht zuletzt auch aus der Besorgnis einer Kontaminierung – wenn auf angrenzenden Feldern Gentech-Pflanzen wachsen
würden.

Infolge der neuen EU-Regelung lehnen Länder und Regionen EU-weit GVO ab. Diese Ablehnung wird mit Sicherheit auch den Widerstand in afrikanischen und asiatischen Ländern, in Lateinamerika und China stärken, sodass auch dort entsprechende GVO-Verbote verhängt werden.
Für Monsanto und Co. bedeutet es einen schweren Rückschlag. Die Russische Föderation hatte bereits im September ein umfassendes Verbot für Gentech-Pflanzen verhängt.
Die neuen Regeln lassen jedoch einige Schlupflöcher, die esMonsanto und Co. ermöglichen könnten, zu versuchen, sich per Gerichtsbeschluss neue Märkte zu erschließen. Lynn Boylan, Europaparlaments-Abgeordnete aus Dublin, erklärte im Januar 2015 in der Irish Times, das endgültige Gesetz sei eine »verwässerte« Version des ursprünglichen Entwurfs.
»Es ist enttäuschend, dass das System der Haftbarmachung herausgenommen wurde, sodass Landwirte, die auf GVO verzichten, aber deren Erzeugnisse mit GVO verunreinigt werden, keine
Entschädigung erhalten.«

Jetzt richtet sich das Augenmerk auf Spanien, Portugal, Schweden, Finnland und Estland sowie Nordbelgien und das restliche Großbritannien. Wenn die dortigen Landwirte merken, dass sie keine Gentech-freien Feldfrüchte garantieren können, werden sie vielleicht auch dort ein Verbot durchsetzen. Kurz: es ist ein großer Gewinn für alle, die an natürlichen Lebensmitteln und Gesundheit in der EU interessiert sind.
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