Mittwoch, 18. November 2015

Notenbanken: Die Welt tanzt auf einem Minenfeld

Notenbanken: Die Welt tanzt auf einem Minenfeld

Thomas Trepnau

Während der kurzen Amtszeit von Premierminister Shinzo Abe, rutscht Japan bereits zum zweiten Mal in die Rezession. Im 3. Quartal 2015 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt zum Vorquartal um 0,2 Prozent. Dies ist die fünfte Rezession seit 2009. Im Quartal bis Juni hatte die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt ebenfalls einen Rückgang der Wirtschaftsleistung registriert. Dafür wächst der Schuldenberg umso schneller. Die Staatsverschuldung liegt bei satten 250 Prozent.

Auch die US-Daten sind ziemlich ernüchternd: Sie zeigen eine deutliche Abschwächung im 3. Quartal im Vergleich zum Vorquartal. Der Zuwachs betrug nur noch schlappe 1,5 Prozent. Volkswirte hatten mehr erwartet.
Das Wall Street Journal berichtet von einem Einbruch der Containerimporte um zehn Prozent von August bis Oktober. In den letzten zehn Jahren sei dies der erste Rückgang der Importe in den Monaten September und Oktober gewesen.

Schleifspuren auch im Einzelhandel. Dort zeigten die Umsätze zuletzt nur noch ein mageres Plus von 0,1 Prozent im Oktober. Der Konsummotor in den USA, der lange Zeit zuverlässig die Weltwirtschaft mit angetrieben hat, stottert also ebenfalls.

Schlimmer noch: Immer mehr Amerikaner machen als Konsumenten schlapp. Rund 45 Millionen Amerikaner besuchen derzeit die Suppenküchen. Und in der Industrie türmen sich die Lagerbestände zu historischen Höchstständen auf, während der Absatz stagniert.

Und China? Ein Vierteljahrhundert lang wuchs die Turbo-Konjunktur im Reich der Mitte um durchschnittlich zehn Prozent, so schnell wie keine andere Volkswirtschaft. Doch jetzt dümpelt der neue Riese laut der Commerzbank mit Zuwächsen von etwas mehr als fünf Prozent vor sich hin. Und 9das, obwohl die chinesische Notenbank innerhalb eines Jahres fünfmal gesenkt hat.

In der Euro-Zone gibt es derweil nicht Neues: Hier legt das BIP im 3. Quartal um 0,3 Prozent zum Vorquartal zu.

Im Klartext: Der Weltwirtschaft geht die Puste aus. Und das, obwohl die FED seit 2008 die Welt mit Dollars flutet und den Zins bei knapp null Prozent hält, obwohl in Japan der Cocktail aus Geld drucken und Staatsausgaben so aggressiv angewendet wird wie nie zuvor, und obwohl Mario Draghi in der Euro-Zone Strafzinsen eingeführt und monatlich Wertpapiere für 60 Milliarden Euro gekauft hat: Die Wirtschaft kommt einfach nicht in die Gänge.

Dass der Ölpreis trotz Krieg in Syrien, Bombenanschlag gegen eine russische Verkehrsmaschine, IS-Selbstmordanschlag im Libanon und Terrorattacken in Paris nicht steigt, zeigt, wie schlecht es um die Weltwirtschaft bestellt ist.

Die Nachfrage nach Energie ist extrem schwach. Vor dem Hafen von Houston stauen sichkilometerlang Tanker, die bis an den Rand mit Öl gefüllt sind und keinen Käufer finden.

Die FED unter Yellen kündigt seit ihrer Amtsübernahme im Februar 2014 mit steter Regelmäßigkeit eine Erhöhung der Zinsen an. Geschuldet ist dies dem Wissen, dass die Zinsen schon viel zu lange zu Boden gedrückt wurden. Das billige Geld hat die Aktienpreise nach oben gespült.

Alle Ankündigungen Yellens zur Zinserhöhung sind bisher jedoch verpufft. Die Notenbänker fürchten, dass im Falle einer nennenswerten Zinserhöhung oder gar einer echten Zinswende die wacklige Weltwirtschaft vollends gegen die Wand fährt.

Nach all den Ankündigungen Yellens erwarten die Finanzmärkte nun mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent eine Zinserhöhung noch in diesem Jahr. Denn die schwache Wirtschaft lässt derNotenbank wenig Spielraum. Eine mögliche Zinserhöhung der FED wird bestenfalls kosmetischen Charakter haben.

Alle anderen Zentralbanken haben klar signalisiert, dass Zinserhöhungen kein Thema sind. Die Welt wird also weiterhin mit Dollars, Yen, Euro und Renminbi geflutet.

Das wird die Wertpapiermärkte nochmal ein paar Monate antreiben. Mangels Anlagealternativen werden die sicherheitsbewussten Deutschen weiter in das teilweise schon viel zu teure Betongold investieren.

Der Euro kann bei Draghis Geldpolitik nur noch abwerten. Währenddessen werden die Ersparnisse der Deutschen durch Zinsrezession und Kaufkraftverlust geschreddert.

Die Welt tanzt Wiener Walzer auf einem Minenfeld – bis der Erste einen falschen Schritt macht.




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