»Kriegsakt«: Steht die NATO vor der Ausrufung des Bündnisfalls?
Stefan Schubert
Der Sprachduktus erinnert an George W. Bush nach den Anschlägen des 9/11. Präsident Hollande hat die Terroranschläge von Paris als »Kriegsakt« durch »eine Armee von Terroristen« bezeichnet und den Islamischen Staat der Täterschaft bezichtigt. Der Islamische Staat selbst hat sich mittlerweile laut AFP zu den Anschlägen bekannt. Seine Anhänger bejubeln die Anschläge in den sozialen Netzwerken.

Das Selbstbezichtigungsschreiben des Islamischen Staates wurde im Internet verbreitet und ist in der Aussage erschreckend deutlich formuliert: »Acht Brüder, die Sprengstoffgürtel und Sturmgewehre trugen, haben minutiös vorher ausgewählte Ziele im Herzen der französischen Hauptstadt anvisiert, das Stade de France während des Spiels Frankreich gegen Deutschland, bei dem der Dummkopf Frankreichs François Hollande anwesend war, Bataclan, wo sich Hunderte Götzendiener in einer perversen Feier versammelt hatten, genauso wie andere Ziele im zehnten, elften und 18. Arrondissement, und das simultan.«
Weiterhin spricht der Islamische Staat von einem »gesegneten Angriff auf das Kreuzzug-Frankreich« und kündigt weitere Terroranschläge an: »Das ist erst der Beginn eines Sturms.«
Somit wurde der Angriff auf das Spiel der deutschen Nationalmannschaft bewusst ausgesucht, weil dort das Erscheinen Hollandes seit Wochen im Terminkalender erwartet wurde. An dem Anschlagsort Stade de France soll übrigens in etwas mehr als einem halben Jahr, am 10. Juni 2016, das Eröffnungsspiel zur UEFA-Europameisterschaft stattfinden. In zehn Stadien über ganz Frankreich verteilt sollen erstmalig 24 Mannschaften das Turnier austragen. Aufgrund der Ausmaße der koordinierten Terrorserie ist schwer vorstellbar, wie dort unter Sicherheitsaspekten die Spiele mit Millionen Zuschauern vor Ort stattfinden sollen. Selbst eine Absage der EURO 2016 scheint nicht vollkommen ausgeschlossen.
Ganz Frankreich befindet sich nach wie vor im Ausnahmezustand. Bereits in der Nacht wurden 1500 zusätzliche Soldaten nach Paris abkommandiert. Diese patrouillieren im Tarnanzug und
Sturmgewehr durch die Straßen von Paris und schützen gefährdete Objekte. Auch bei den Anschlägen selbst griffen Soldaten Seite an Seite mit Polizeieinheiten ein. Eine Trennung zwischen militärischen und polizeilichen Aufgaben ist in Paris nicht mehr zu erkennen. Der Métro-Verkehr, der Pulsschlag der Metropole, ist weiterhin unterbrochen, alle Veranstaltungen wurden abgesagt und Schulen und Universitäten geschlossen.

Dass auch die gegenwärtigen Diskussionen in Deutschland durch die Anschläge erheblich polarisiert werden, macht eine aktuelle Meldung deutlich. Bei einem der Attentäter wurde ein syrischer Pass gefunden. Merkel wird damit weiter unter Druck geraten, endlich die Grenzen zu schließen und Hunderttausende unkontrollierte arabische Männer im Land zu überprüfen und den Zustrom schnellstens zu beenden.
Während weltweit die Sicherheitsvorkehrungen massiv verstärkt wurden, treffen in Paris die internationalen Solidaritätsbekundungen ein. Bei Obama wird dabei deutlich, wie sehr der US-Präsident Hollande von dem Ausrufen eines NATO-Bündnisfalls abbringen will. Obama spricht zwar von einem Angriff auf die Menschheit und bietet zugleich Hollande an, »die Terroristen vor Gericht zu bringen«.
Doch diese fast schon pazifistische Beistandsbekundung wirkt von einem tausendfachen Drohnenmörder doch merklich distanziert. Man muss bedenken, dass der US-Präsident nur einen
Tag vor der Pariser Terrorwelle den Islamischen Staat in einem großen TV-Interview als »besiegt« und für »eingedämmt« erklärt hat. Die Blamage für Obama wäre bei dem Ausrufen des Bündnisfalls damit komplett und es würde ihn seiner letzten Reputation in Amerika berauben. Obama hätte damit seine eigene »Mission Accomplished« (Mission erfüllt), wie der ungeliebte Amtsvorgänger Bush.

Selbst Merkel wird da schon deutlicher: »Hinter uns liegt eine der schrecklichsten Nächte, die Europa seit langer Zeit erlebt hat. Die Menschen von Paris müssen einen Albtraum von Gewalt, Terror und Angst durchleiden.« Diesem Statement fügt die Kanzlerin ein Versprechen hinzu, dass sie schon in nächster Zeit in arge Bedrängnis bringen könnte. »Wir werden mit Ihnen gemeinsam den Kampf gegen die führen, die Ihnen so etwas Unfassbares angetan haben.«
Hollande wird sie sicherlich schon bald an dieses Versprechen erinnern, denn in Frankreich ist der Ton, wenig verwunderlich, deutlich militärischer. Der Figaro etwa titelt vom »Krieg mitten in Paris« und Hollande spricht von einem »Kampf ohne Gnade« gegen eine »Armee von Terroristen«. Die Worte sind vergleichbar mit denen George W. Bushs am 20. September 2001 vor dem Kongress,
als er den Begriff des »War on Terror« skizzierte. »Unser Krieg gegen den Terror beginnt mit al-Qaida (die die CIA erst geschaffen hat), aber er endet nicht dort. Er wird nicht enden, bis jede terroristische Gruppe von globaler Reichweite gefunden, gestoppt und geschlagen ist.«

Bekanntermaßen fielen dem War on Terror weit über eine Million Menschen zum Opfer und die Zahl der Terrororganisationen wuchs sprunghaft an. Der Afghanistan-Krieg geht in das 14. Jahr, die Taliban sind wieder auf dem Vormarsch und die Bundeswehr musste erst dieser Tage ihr Mandat aufstocken und weitere Soldaten an den Hindukusch abkommandieren.
Bereits einen Tag nach dem 9/11 hat die NATO erstmalig in ihrer Geschichte den Bündnisfall ausgerufen. Im Artikel 5 derNATO-Charta ist geregelt, dass »... ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere (...) als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird; sie vereinbaren daher, dass im Falle eines solchen bewaffneten Angriffs« Beistand geleistet werden muss.
Der Bündnisfall ist damit gemäß der NATO-Charta eindeutig eingetreten. NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat der französischen Regierung bereits in der Nacht um 0.49 Uhr den Einsatz des Militärbündnisses angeboten.
Sollte Hollande auf der Ausrufung des Bündnisfalls bestehen, könnte ihm dies kein Mitgliedsland verwehren. Die Bundeswehr würde dadurch direkt in die syrisch-irakische Todesregion gezogen werden.
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